Alte Rats-Apotheke
Die Wiege des Weltkonzerns „Dr. Oetker“ steht in Stadthagen – in Haus Nummer 8 der Niedernstraße.
Dieses Gebäude diente ab 1621 als pharmazeutischer Anlaufpunkt. In jenem Jahr gründete der aus Süddeutschland stammende Philipp Mercklin dort die Rats-Apotheke. Exakt 257 Jahre später begann dort ein gewisser August Oetker seine Ausbildung. Der 16-jährige Sohn eines Bäckermeisters stammte aus Obernkirchen und legte die Strecke von seinem Elternhaus nach Stadthagen regelmäßig zu Fuß zurück: morgens acht Kilometer hin, abends acht Kilometer zurück.
Sein Chef Ernst Brackebusch soll mit seinem Azubi sehr zufrieden gewesen sein. Während der Ausbildung lernte Oetker unter anderem den Fürsten Adolf-Georg von Schaumburg-Lippe sowie den aus Wiedensahl stammenden Maler, Zeichner und Dichter Wilhelm Busch kennen. Beide gehörten zu den Kunden der Rats-Apotheke.
Oetkers weiterer beruflicher Werdegang führte ihn unter anderem nach Langen und nach Hanau, ehe er 1885 zum Studium der Pharmazie nach Berlin ging. Dort legte er 1887 sein Staatsexamen mit der Note „Sehr gut“ ab. Seine Promotion erfolgte 1888 an der Universität Freiburg. 1891 ließ er sich als Apotheker in Bielefeld nieder. Dort entwickelte er eine haltbare und geschmacklose Backpulvermischung als Treibmittel zur Kuchenherstellung.
Dies war die Geburtsstunde von „Backin“, das Oetker in kleinen Tütchen auf den Markt brachte, die jeweils für eine übliche Kuchenmenge von 500 Gramm Mehl portioniert waren und dass das Backverfahren erheblich verkürzte.
Auf dieser Erfindung und deren gelungener Vermarktung basierte schließlich die Entwicklung des weltweit tätigen Konzerns „Dr. Oetker“, der nach wie vor in Bielefeld ansässig ist und aktuell rund 27.000 Mitarbeiter beschäftigt.
August Oetker starb im Januar 1918 im Alter von 56 Jahren und gehört zu den erfolgreichsten deutschen Geschäftsleuten des 20. Jahrhunderts. Ob es diese Erfolgsgeschichte ohne seine Ausbildung in der Stadthäger Rats-Apotheke gegeben hätte, ist eine rein spekulative Frage. Das entsprechende Gebäude in der heutigen Schaumburger Kreisstadt diente übrigens noch bis 1980 als Apotheke. Die Inschrift an einem Balken weist hier nach wie vor auf die Jahrhunderte alte Tradition dieses Hauses hin: Im Wappen sind ein stilisiertes Kraut und eine Blume zu erkennen – beides sind Symbole für die Pflanzen, die der Apotheker einst zur Herstellung von Heilmitteln benötigte.
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